Ein Stück Identität der Marktgemeinde geht verloren!
Was ist da nur los mit dem Schloss Großrußbach?
Seit 31.1.2022 hat das Schloss Großrußbach einen neuen Besitzer und seit diesem Tag geht auch ein Stück Identität der Marktgemeinde verloren. Unsere Marktgemeinde war und ist weit über die Grenzen Niederösterreichs durch gerade eben dieses Areal bekannt. Völlig unverständlich, dass die Verantwortlichen in unserer Marktgemeinde nicht zumindest in konkretere Kaufverhandlungen eingetreten sind, aber parallel dazu Geld investierten und auch weiterhin investieren in Machbarkeitsstudien und Planungsvorschläge für den Burhof in Karnabrunn, der mit geschätzten Baukosten von EUR 1,5 Mio (Stand Dezember 2020) in keiner Relation steht zum Kaufpreis des Schlosses und zu den unzähligen Optionen, die dieses Areal angeboten hätte. Viele Gemeinden leben vor, was machbar wäre. Von Gastro (in Hochneukirchen wird das lokale Wirtshaus von der Marktgemeinde selbst betrieben), über „Wohnen im Schloss“, betreutes Wohnen oder, wie in Niederkreuzstetten, lokale Verkaufsräume wie den Bauernladen oder das Projekt „Arbeiten im Dorf“… Es gäbe genügend Platz für eine weitere Kindergarten Gruppe und natürlich wäre die Bildungsakademie auch tatsächlich weiterhin in unserer Marktgemeinde angesiedelt (nicht nur auf dem Papier). Das und vieles mehr hätte man auf der Fläche von den knapp 1,5Hektar realisieren können; Und der Kaufpreis lag bei 700.000 Euro. Selbst großen Tageszeitungen wie Kurier und Die Presse haben sich des Themas angenommen:
Kurier, 1.2.2022
Schloss Großrußbach hat neuen Eigentümer
Lange wurde gerätselt, wie es mit dem Schloss Großrußbach weitergeht, nun hat die Erzdiözese Nägel mit Köpfen gemacht: Die Erzdiözese entschied sich aufgrund steigendender Erhaltungskosten und nötiger Renovierungen in zweistelliger Millionenhöhe dazu, sich von dem Gebäude zu trennen. Im ehemaligen Gästehaus wird nach dem Umbau zu Büros und Mitarbeiterwohnungen ein Teil von Gruschinas Firmenstruktur angesiedelt. […] Käufer Dieter Gruschina hat große Pläne mit der Liegenschaft: „Unser Konzept ist auf eine nachhaltige Entwicklung der Region ausgerichtet – wobei bestehende Werte und Errungenschaften erhalten bleiben sollen. […].“ Im Schlosstrakt werden zukünftig weiterhin die Kapelle, der Festsaal sowie Seminarräume, Bücherei, Übernachtungsmöglichkeiten und Büroräume für das Vikariat zu Verfügung stehen. […]. Für die Öffentlichkeit bleibt der Zugang zum Schlosspark weiterhin erhalten. „Nach unangenehmen Jahren der Ungewissheit liegt nun eine vielversprechende Lösung für die Zukunft des Schlosses Großrußbach vor“, spricht Bischofsvikar Weihbischof Stephan Turnovszky von einer “Win-Win-Win-Situation” für alle Beteiligte. […] Großrußbachs Bürgermeister Josef Zimmermann hofft auf einen Mehrwert für die gesamte Region. „Wir sind für die Zukunft, die Entwicklung des Schlosses betreffend, sehr optimistisch und freuen uns auf eine gute Zusammenarbeit mit Herrn Gruschina für unsere Gemeinde.“
Die Presse, 12.5.2024 (Dietmar Neuwirth)
Plötzlich um das Achtfache teurer: Hat die Kirche ein Schloss verschleudert? Die Erzdiözese Wien hat ihr Bildungshaus in Großrußbach um 700.000 Euro verkauft. Zwei Jahre später wird es vom neuen Eigentümer wieder zum Verkauf angeboten – um den achtfachen Preis. […] Diese seltene Preisentwicklung hat ein früheres Bildungshaus der Erzdiözese Wien, Schloss Großrußbach, 40 Kilometer nördlich des Stephansplatzes, hingelegt. Zumindest auf dem Papier und wenn es nach den Vorstellungen des neuen Eigentümers geht. Der denkmalgeschützte Gebäude- und Grundstückskomplex […] wird derzeit unter dem Titel „Außergewöhnliches historisches Gewerbeobjekt Nähe Wien“ zum Verkauf angeboten. Die dafür verlangte Summe: 5,6 Millionen Euro. […] Der verlangte Preis jedenfalls sorgt für Verwunderung, Enttäuschung bis Wut im Weinviertel. Und nicht nur dort. Bis in die Zentralstellen rund um den Wiener Stephansplatz hat sich die Kunde darüber mittlerweile verbreitet. Denn die Erzdiözese hat aus finanziellen Gründen und nach langwierigen Prüfungen, Verhandlungen und trotz interner Kritik sowie Protesten im betroffenen Vikariat Nord das Bildungshaus veräußert. 700.000 Euro wurden realisiert. Dieser Preis sei „nach einem mehrjährigen, sorgfältigen Prozess unter Einschaltung von auf Sonderimmobilien spezialisierten Maklern und Gutachtern“ erzielt worden. […] Wie kommt es dann zu der schlagartigen Wertsteigerung? Nun, der neue Eigentümer, Dieter Gruschina, der eigentlich ein Transportunternehmen leitet, trägt eher zu weiterer Verwirrung als zur Klärung bei. Er überrascht im Gespräch mit der „Presse“: „Ich will die Immobilie nicht verkaufen.“ Weshalb wird sie dann von einem Maklerbüro angeboten? Gruschina meint: „Wir müssen in Abstimmung mit der Gemeinde Werbung für unser Projekt machen, […]. Wir wollen auf diesem Weg schauen, dass wir weitere Interessenten finden.“ […] Bürgermeister Josef Zimmermann (ÖVP) ist sehr an Arbeitsplätzen im Schloss und daher in seinem Ort gelegen. Er übt Kritik an der katholischen Kirche, genauer an der von Kardinal Christoph Schönborn geführten Erzdiözese Wien. „Der Verkauf des Schlosses durch die Erzdiözese Wien kam überraschend. Die Entscheidung ist für alle, die die Geschichte des Schlosses und die Einrichtung der Erwachsenenbildung […]kennen, nicht nachvollziehbar.“ […].
Es klingt fragwürdig und ist verwunderlich, wenn behauptet wird, dass es mit den neuen Betreibern eine gute Kooperation gibt und dass auch zukünftig Veranstaltungen stattfinden werden.
Ebenso die Aussage: „Wir sind für die Zukunft, die Entwicklung des Schlosses betreffend, sehr optimistisch und freuen uns auf eine gute Zusammenarbeit mit dem Besitzer für unsere Gemeinde.“
Fakt ist, weder im Kaufvertrag noch im Grundbuch ist festgehalten, dass die Marktgemeinde auch nur annähernd irgendwelche Nutzungs- oder Bestimmungsrechte für die Zukunft besitzt.
Selbst wenn es mit dem aktuellen Betreiber wirklich eine gute Gesprächsbasis gäbe, der nächste Käufer wird ja bereits gesucht – um kolportierte 5,6 Millionen Euro. Wurde vor 2 Jahren noch von einer „Win-Win-Win-Situation“ für alle Beteiligten gesprochen, ist letztlich wohl nur ein Gewinner übriggeblieben. Unsere Marktgemeinde ist es jedenfalls nicht – in der Hand hätten wir es gehabt.