Europa und der Krieg.
Was das Alles mit uns macht
Aus einer Nach-Nach-Kriegsgeneration kommend, habe ich die Illusion vor mir hergetragen, dass friedliches Zusammenleben in Offenheit und Respekt die nächste, meine und unser aller Zukunft ist! So wurde es doch versprochen, oder? Doch nun tauchen sie auf, Marktschreier und Entscheidungsträger aller Herrenländer und verkünden selbstbewusst den Rückzug von und aus Allem. Raus aus der Gemeinschaft. Raus aus der EU, einfach nur raus. Wir sind uns selbst gut genug und machen unser eigenes Ding? Was die Schweiz kann, können wir auch, Großbritannien hat es vorgemacht. Zurück zur Einzelstaatlösung? Und was dann? Was dann, wenn wir wieder ein kleines Österreich wären, neben einem etwas größerem Tschechien, Deutschland, Slowenien, Slowakei, Reisepässe, Zoll, bürokratische Hürden … was soll das werden? Denkt irgendwer den Ausgang des Spiels mit?
Ist es nicht Aufgabe der Politik sich an Fragen des allgemeinen Zusammenlebens abzuarbeiten (nicht bloße Klientelpolitik zu betreiben), Visionen zu entwickeln, sich an mögliche Antworten heranzutasten, wie wir insgesamt in Gleichheit, Freiheit und Brüderlichkeit zusammenleben wollen und wie das konkret umgesetzt werden könnte. Es ist dies ein fortwährender, nie endender Prozess.
Durch den Krieg in der Ukraine sehen wir einmal mehr, dass es noch viel braucht, um dahin zu kommen, um friedlich und ausverhandelt zusammenzuleben. In der Nachschau der heutigen Geschehnisse werden wir möglicherweise Deutungen über die Notwendigkeit für diesen Krieg finden (manche wissen es jetzt schon, Stichwort Stellvertreterkrieg!). Zuvor, gerade jetzt(!), entsteht unermesslich viel Leid und Schmerz, welche, das wissen wir, über die nächsten Generationen weitergetragen werden. Und noch bevor all die Scherben aufgeräumt sind, geht auch schon der nächste Wickel los! Menschheit, bist du noch zu retten?
Es braucht sie dringender denn je, besonnene Menschen, die in der Lage sind, dies zu kompensieren (wo sind sie?), die mit Ungleichheiten und Spannungen umzugehen vermögen. Die ganzen Marktschreier sind hier fehl am Platz.
Eine Schwierigkeit kommt hinzu:
Wir, die Europäer:innen, haben, wenn wir uns nicht bald toleranter und freundlicher verhalten, bald keine Freund:innen mehr. Freund:innen, die uns zuhören, wenn wir schon behaupten, dass wir wissen wie es geht, das beste aller Systeme erfunden zu haben. Wir Propagieren ja unsere Demokratie, als gäbe es kein links und rechts, kein oben, kein unten. Wer nicht mitmacht wird geschnitten und gemaßregelt!
China ist uns zu groß und zu mächtig und viel zu autokratisch, menschenrechtlich ohnehin nicht zeitgemäß unterwegs. Brasilien erlaubt sich viel zu viel, zerstört einfach unser aller Regenwald. Russland, nein, die kommen mittlerweile für gar nix mehr in Frage (vorher war es wenigstens das Gas) und dann Nordkorea mit all der Atomproblematik, einfach nur böse und irre. Und dann die europäischen Vertreter selbst, Victor Orban und seine Gefolgschaft, direkt vor unserer Haustür, was soll man dazu noch sagen. Dann Afrika, mein Gott, wenn sich die erst mal alle auf den Weg zu uns machen, nicht auszumalen. Als Zuckerguss lösen sich die Amerikaner dann mit ihrer Demokratie demnächst selbst auf und dann haben wir den Salat. Wir werden vor lauter Selbstschutz zu gar nix anderem mehr kommen. Dabei haben wir vermeintlich nur Gutes im Sinn und wollen die Demokratie in die Welt tragen. Doch was dann, wenn niemand mehr da ist, der uns zuhören möchte, wenn wir von der Demokratie als beste aller Lösungen sprechen?
Da stehen wir nun. Es offenbart sich uns die Schwierigkeit, dass wir, Unterschiedlichkeiten mitberücksichtigend, gemeinsam annehmbare Konzepte entwickeln und diese entsprechend kommunizieren.
Es braucht jeden von uns, uns als Zivilgesellschaft und dazu die entsprechenden Politiker:innn, die letztlich globale demokratische Konzepte des Zusammenlebens erarbeiten. Zum Wohle Aller. Mit Rücksicht auf Alle!
Da ist sie wieder, die Vorstellung eines friedlichen Zusammenlebens in Offenheit und Respekt. Wohlstandsbewahrend nur an uns selbst denkend wird jedenfalls zu wenig sein!
Und da sitz ich nun in dem kleinen Hipples und mach mir diese Gedanken. Wozu? An Deutschlands Grenzen bei unseren unmittelbaren Nachbarn stehen an den Hauptverkehrsrouten streng dreinschauende Soldaten mit der Hand am Abzug ihrer Schnellfeuerwaffen und verbreiten miese Laune nebst Megastau auf der Autobahn. Was soll das?! Wir sollten bei all dem Getöse, das da rund um uns herrscht, Acht geben! Es liegt immer noch an uns selbst, ob und wo wir da mitmachen oder nicht. Im Großen wie im Kleinen. Ist schwer, aber geht. Noch ist im Weinviertler Hinterland weniger davon zu spüren und ich hoffe, ich bin mit dieser Wahrnehmung nicht zu betriebsblind. Doch die Geschehnisse hängen über uns wie dunkle Wolken einer aufziehenden Gewitterfront, jederzeit für ein Unwetter bereit.
Nur zu hoffen, dass da eh nix kommen wird und es uns schon nicht allzu stark erwischen wird, wird vielleicht zu wenig sein!
Wenn das nur gut geht.