Bericht von der Gemeinderatssitzung am 29.06.2023
Unsere Hoffnung, dass mit Bürgermeister Flammer innovative Ideen und ein neuer Stil der Zusammenarbeit im Gemeinderat Einzug halten, wurde leider enttäuscht
2-Jährige dürfen ab 2024 in den Kindergarten – Bad Vöslau noch weitgehend unvorbereitet
Die Grünen stellen einen Dringlichkeitsantrag
Die sogenannte NÖ Kinderbetreuungsoffensive sieht vor, dass ab 2024 bereits 2-Jährige im Kindergarten aufzunehmen sind. Dafür sind Förderungen vom Land vorgesehen.
Für Bad Vöslau bedeutet die Neuregelung 4 bis 6 Kindergartengruppen mehr, erheblichen Mehrbedarf an Personal und soweit wir erfahren konnten einen zusätzlichen Budgetposten von ca. 2,6 Mio Euro alleine für Neu- und Zubauten.
Im Nachtragsvoranschlag sind gerade einmal 50.000 Euro für Planungsleistungen vorgesehen. Wann und wo weiterer Neu- und Zubau für die Kinderbetreuung geplant ist, ist trotz mehrmaliger Anfragen und Diskussion noch offen. Trotz einer Anfrage von uns Grünen im Zusammenhang mit der Krabbelstube hat der Gemeinderat bis jetzt nicht erfahren, wie viele Kinder in den nächsten fünf Jahren voraussichtlich die Krabbelstube und die Kindergärten besuchen werden. Auch der zukünftige Personalmehrbedarf und wie dieser sichergestellt werden soll, blieb bis jetzt unklar.
Wir, die Grünen Bad Vöslau, ersuchten, diesem Thema die Dringlichkeit zuzugestehen und das Thema auf die Tagesordnung zu nehmen.
Die Grünen Bad Vöslau stellen folgenden Antrag: Der Gemeinderat beschließt, das Thema Kinderbetreuung prioritär zu behandeln und umgehend eine Arbeitsgruppe mit allen Fraktionen zu den Themen Planung, Organisation und Finanzierung der Kinderbetreuung in der Krabbelstube und den Kindergärten einzurichten. Die Arbeitsgruppe berichtet in der letzten Gemeinderatssitzung im Jahr 2023 zu ihren Ergebnissen und spricht Empfehlungen zu den notwendigen Vorhaben und Maßnahmen aus.
Der Antrag wird leider mehrheitlich abgelehnt.
Nachtragsvoranschlag: Schuldenberg der Stadtgemeinde wächst dramatisch
Aktuell stagnieren die Einnahmen, die Ausgaben aber steigen. Dies ist eine Entwicklung, die vorhersehbar war und auf die wir Grüne immer wieder aufmerksam gemacht haben.
Es gibt einige wichtige Investitionsvorhaben, die noch zur Gänze ausfinanziert bzw. neu finanziert werden müssen:
- Zentrumsgestaltung
- Ausbau Volksschule Bad Vöslau
- Ausbau Kindergarten Brunngasse
- Neubau Kindergarten
- Ausbau Krabbelstube
- Errichtung Ärztezentrum
Allein für diese Vorhaben müssen laut Nachtragsvoranschlag im Jahr 2023 bestehende Rücklagen in der Höhe von 2,9 Millionen Euro verwendet werden. Zusätzlich sind Darlehen in der Höhe von 12,9 Millionen Euro notwendig, Krabbelstube und Kindergarten noch nicht miteingerechnet.
Trotz enormer Schulden von 13 Millionen Euro hat die Liste Flammer nun vor, eine Diesel-Betriebstankstelle zu bauen, die zusätzlich 300.000 Euro verschlingen wird, die ebenfalls über Darlehen finanziert werden müssen.
Wir, die Grünen fragen uns, wie die Gemeinde das alles stemmen wird. Die Zinsen für Kredite sind bereits um 300 % gestiegen. Am Beispiel des Konzertsaals bedeutet das in Zahlen:
Gerechnet mit dem ursprünglichen Zinssatz von 1,442% würden die Zinsen für 1 Jahr 166.000 Euro betragen. Aufgrund der (vorhersehbaren) Zinserhöhungen betragen die Zinsen jetzt für 1 Jahr 400.000 Euro.
Nach wie vor vertreten wir, die Grünen, die Ansicht, dass der Neubau des Konzertsaales eine grobe Fehlentscheidung war und der Stadtgemeinde den Spielraum für andere – wichtigere Projekte – genommen hat.
Stimmenthaltung von uns Grünen.
Unser Antrag zu: „HausärztInnen im Container?“
Es gibt in Bad Vöslau demnächst nur noch drei HausärztInnen-Praxen. Kassenstellen sind unbesetzt. Die notwendige allgemeinmedizinische Versorgung ist nicht mehr gesichert und auf Dauer gefährdet. Die umliegenden Gemeinden schaffen Anreize für die Niederlassung von ÄrztInnen, indem sie Räumlichkeiten zur Verfügung stellen, günstige Mieten oder etwa E-Autos anbieten.
Die Stadtgemeinde hatte ursprünglich mit dem Vivea Gesundheitszentrum den Ausbau von Arztpraxen im Vivea Gesundheitszentrum vereinbart. Eine Gruppe von ÄrztInnen hatte sich bereits für das neue Ärzte-Zentrum zusammengefunden. Das Projekt ist aber leider gescheitert, da die Stadtgemeinde offenbar keine vertragliche Absicherung mit dem Vivea Gesundheitszentrum gesucht hat. Vivea wollte letztlich viel weniger Fläche und schlechtere Bedingungen zur Verfügung stellen. Die Ärzte-Gruppe ist daher abgesprungen.
Nun soll wieder einmal eine Container-Lösung folgen. Zwei Allgemeinmedizinerinnen sollen in einem Container ihre Praxis aufbauen.
Unseres Erachtens werden in Bad Vöslau dringend mindestens drei zusätzliche AllgemeinmedizinerInnen und ein/e KinderfachärztIn benötigt. Besser noch wäre es, ein ÄrztInnen-Zentrum zu planen, für das die Stadtgemeinde die Immobilie und günstige Mietverhältnisse zur Verfügung stellt.
Die Grünen Bad Vöslau stellen den Antrag: Der Gemeinderat beschließt, dass die Stadtgemeinde umgehend ein zukunftsorientiertes Konzept inklusive Anreizsystem für die notwendige ärztliche Versorgung erstellt. Der Gemeinderat beschließt außerdem, dem Projekt ÄrztInnen-Zentrum oberste Priorität einzuräumen.
Auch dieser Antrag wird leider mehrheitlich abgelehnt.
Große Diskussion um 500.000-Euro-Investition in eine Betriebs-Diesel-Tankstelle
Die Kosten für die von der Stadtgemeinde geplante Betriebs-Diesel-Tankstelle, 2 Tanks je 35.000 l, die dazu notwendige Infrastruktur, die Technik und der Treibstoff, belaufen sich auf 500.000 Euro. Geplant ist, mit dem Diesel die Gemeindefahrzeuge und die drei Feuerwehren zu versorgen und im Falle eines Blackouts gerüstet zu sein.
Allerding stellt die Gemeinde ihren Fuhrpark in den letzten Jahren auf Grund der Klimakrise immer mehr auf Elektrofahrzeuge um. In diesem Stadtrat wurde erstmals beschlossen einen Traktor mit Elektroantrieb anzukaufen.
Der bestehende Krisen- und Katastrophenschutz in Österreich ist sehr gut aufgestellt, die Gemeinde sollte dieses Vertrauen in der Bevölkerung durch Maßnahmen festigen.
Unser Vorschlag war, die 500.000 Euro in unsere Stromversorgung durch systematischen Ausbau von PV-Anlagen und Evaluierung zeitgemäßer Stromspeichermöglichkeiten zu investieren, um damit in Zukunft Geld zu sparen oder sogar zu verdienen.
Nachhaltige Modelle von Blackout-Vorsorge mit nicht-fossilen Energieträgern, wie sie die Zeitschrift „Kommunal“ aufgezeigt hat, wurden nicht einmal geprüft.
Bemerkenswert ist auch, dass STR Thomas Mehlstaub in seinem Statement davon ausging, dass z. B. die Feuerwehr auch in 25 Jahren noch mit Dieseltreibstoff unterwegs sein wird. Unser Hinweis, dass die EU bereits ab 2027 emissionsneutralen Last- und LKW-Verkehr fordert und Ausgleichszahlung für CO2-Emissionen zu leisten sind, wird schlicht ignoriert.
Unser Antrag: Der Gemeinderat möge beschließen, diesen Tagesordnungspunkt von der Tagesordnung zu nehmen, alternative Methoden ansehen und neu beraten.
Auch dieser Antrag wird leider mehrheitlich abgelehnt.
Unser zweiter Antrag: Man solle für die Vorbereitung der Bevölkerung im Falle einer Krisensituation regelmäßige Informationenveranstaltungen organisieren, Selbsthilfebasen errichten, und für den Fall eines Blackouts Offline-Pläne erstellen.
Dieser Antrag wird erfreulicherweise mehrheitlich angenommen.
Liste Flammer fördert profitable Verwertung des Grundstücks der Grasl GmbH – Die Grünen stellen den Antrag: Statt Parkplätze Grünlandwidmung
Es handelt sich um eine seit 2018 laufende „Geschichte“: Für uns Grünen ein Symbol dafür, dass es in Vöslau BürgerInnen erster und zweiter Klasse gibt. Seit fünf Jahren erleben wir einen Widmungsprozess in Salamitaktik, um für die Firma Grasl optimale Widmungs- und Bebauungsbestimmungen für ein lukratives Bauvorhaben durchzuboxen. Es handelt sich um Bebauungsmöglichkeit, wie sie wohl sonst niemand in Vöslau bekommen würde, der sein Villengrundstück gewinnbringend verwerten möchte.
Nach dem Architektenwettbewerb soll zwischen Hauptstraße, Sellnergasse und Oberkirchengasse ein riesiges Wohnbauvorhaben realisiert werden. Auf insgesamt 11.500m2 sind 6 Wohnblöcke mit insgesamt 76 Wohnungen geplant; im nordwestlichen Teil sollen 112 Stellplätze im Freien, ebenerdig und mit einer Parkdecklösung errichtet werden – „Stellplatzanlage“ genannt
Der Gemeinderat am 29.06.23 beschließt mit den Stimmen der Liste Flammer den nächsten Schritt zur optimierten Verwertung: Die derzeit als Verkehrsfläche öffentlich gewidmete Fläche soll in Verkehrsfläche privat gewidmet werden
Es geht um die Frage, ob Stellplätze außerhalb des Baulandes errichtet werden dürfen und was als „Baugrund“ zu bezeichnen ist. Geht es nach der Liste Flammer, dürfen die Parkplätze auch außerhalb des Wohnbereichs liegen. Es soll eine „Sondergenehmigung“ geben, sodass der jetzt – eigentlich rechtswidrig – als Verkehrsfläche öffentlich gewidmete Teil zu einem privaten Parkplatz wird. Damit würde sich die Firma Grasl ersparen, die Stellplatzverpflichtung im Bauland zu erfüllen. Dadurch bleibt mehr Platz für den Wohnbau selbst. Genau das wollten die Anrainer verhindern und haben ein aufwändiges Rechtsgutachten beauftragt, das unseres Erachtens sehr gut und schlüssig ist. Wollte man auf der Seite der AnrainerInnen stehen, könnte man dieser Rechtsauffassung folgen.
Die Stadtgemeinde hält mit ihrer Rechtsauffassung aber dagegen und wendet einen Widmungstrick an: Die Prüfung, ob Stellplätze im Bauland errichtet werden müssen oder außerhalb auf der sogenannten „Parkplatzanlage“ errichtet werden dürfen, wird erst im Rahmen des Baubewilligungsverfahren erfolgen. Also eine scheinbare Abkoppelung der Widmung vom Bauvorhaben. Das ist die uns hinlänglich bekannte Salamitaktik, mit der immer wieder Fakten geschaffen werden, die nachträglich nicht mehr zu ändern sind. Außerdem riskiert die Stadtgemeinde damit bewusst einen Rechtsstreit, der im Zusammenhang mit einer Einreichung um Baugenehmigung zu führen wäre.
Auf unbegreifliche Weise unterstützt das Amt der NÖ Landesregierung die Stadtgemeinde und hebelt auch den Schutz bezüglich der landwirtschaftlichen Vorrangzone aus, mit dem Argument, dass eine überörtliche Änderung bereits in Bearbeitung ist und Ende des Jahres beschlossen werden soll.
Eigentlich Grünland: Ein wichtiges Argument ist jedoch, dass die Stadtgemeinde bei der letzten Änderung des Raumordnungsprogramms diese Flächen rechtmäßig in Grünland hätte widmen müssen. Das wurde – anscheinend bewusst – verabsäumt.
Die Grünen stellen den Antrag, die „Verkehrsfläche öffentlich“ in Grünland umzuwidmen. Dieser Antrag wird mit den Stimmen der Liste Flammer leider abgelehnt.